Stefan Bradl: „Werde den Motorrad Grand Prix am Sachsenring mehr denn je genießen“
- Honda-Testfahrer dank Wildcard auch 2024 in der MotoGP am Start
- Besondere Erinnerung an Duell gegen den neunfachen Weltmeister Valentino Rossi
- Zwei Nachwuchssichtungen mit dem Motorsport Team Germany geplant
München. Kaum einer in Deutschland verfügt über so viel MotoGP-Expertise wie er: Stefan Bradl. Wenn am 7. Juli um 14 Uhr die Startampel zum 85. Motorrad-Grand-Prix auf deutschem Boden erlischt, ist der offizielle Honda-Testfahrer und TV-Experte wieder mittendrin statt nur dabei. Im Interview schwärmt der 34-Jährige aus Zahling von der Atmosphäre am Sachsenring, nennt seine persönliche Lieblingserinnerung an den Liqui Moly Motorrad Grand Prix Deutschland und zieht eine erste Bilanz für die MotoGP-Saison 2024.
Du bist auf dem Sachsenring zweimal Zweiter geworden und hast 2014 das Rennen in der Startphase angeführt. Was ist dein persönliches Sachsenring-Highlight?
Ich war in der 125er-Klasse auf dem Podium, auch in der Moto2. Aber mein persönliches Highlight ist das MotoGP-Rennen 2012. Da habe ich bis zum Schluss gegen Valentino Rossi gekämpft und ihn sogar bezwungen. Ich bin damals Fünfter geworden, nachdem ich ihn in der letzten Runde überholt habe. Das ist eine coole Erinnerung für mich.
Als einziger deutscher Fahrer in der MotoGP-Klasse kannst du dich auf die Unterstützung der zahlreichen Fans verlassen. Was macht den Reiz am Sachsenring aus?
Die Stimmung ist wirklich toll. Für mich ist es zudem eine ganz besondere Situation, weil ich mit einer Wildcard an den Start gehe und der einzige Deutsche bin, der in der MotoGP fährt. Das wird auf jeden Fall das Highlight des Jahres für mich. Grundsätzlich will ich das in vollen Zügen und mehr denn je genießen.
Die MotoGP-Saison 2024 ist sieben Grands Prix alt. Wie lautet dein Fazit des ersten Saisondrittels?
Es gab ein paar Überraschungen, zum Beispiel den Sieg von Maverick Viñales in Texas. Pedro Acosta ist auch stark unterwegs. Wenn man alles Revue passieren lässt, haben sich aber die üblichen Verdächtigen herauskristallisiert, mit Weltmeister Pecco Bagnaia und Vizechampion Jorge Martín. Aber Marc Márquez ist in einer äußerst gefährlichen Lauer-Position. Der Deal mit dem Ducati-Werksteam ist wieder ein gutes Zeichen für ihn, das ihn in seinem Gefühl und in seinem Handeln bestätigt. Jorge hat sich große Hoffnungen auf einen Platz im Werksteam gemacht und wird dementsprechend angefressen sein. Die Frage ist nun, wie Ducati mit dieser Situation umgeht. Gibt es für Marc noch ein paar technische Updates? Und wie wird Jorge wegen seines Wechsels zu Aprilia behandelt?
Márquez trifft 2025 im Ducati-Werksteam auf Bagnaia. Beide haben sich in diesem Jahr schon mehrmals auf der Strecke berührt. Wie wahrscheinlich ist es, dass sich die Rivalität weiter verschärft?
Sie werden sich respektieren und sind Profi genug, um mit der Situation gut umzugehen. Ich denke, dass sie in Zukunft noch öfter auf der Strecke aneinandergeraten werden. Sie haben ja schon in diesem Jahr ähnliches Material. Nächstes Jahr im Werksteam wird das noch öfter passieren. Aber wie gesagt, sie sind Profi genug, um das als rein sportliche Rivalität abzuhaken. Sie werden beide ihr Bestes geben.
Rookie Pedro Acosta könnte auf dem Sachsenring der jüngste MotoGP-Sieger aller Zeiten werden. Wie beurteilst du seine bisherige Debütsaison in der Königsklasse?
Das ist unglaublich. Ich bin ihm schon bei den Wintertests in Sepang gefolgt. Da habe ich schon gedacht: Wow. So wie der das Motorrad in die Kurven legt, hat er richtig Spaß am Fahren. Das hat er in den Rennen genauso gut umgesetzt. Natürlich wird es auch mal ein paar Rückschläge geben und es wird nicht einfacher für ihn. Die Erwartungen werden steigen. Aber er ist ein lockerer Typ, fährt unbekümmert und kann mit dem Druck umgehen.
Vor einem Jahr hast du auf dem Sachsenring angekündigt, künftig gemeinsam mit dem Motorsport Team Germany den Motorrad-Nachwuchs zu fördern. Wie ist der aktuelle Stand dieses Programms?
Wir haben Mitte Juli eine Nachwuchssichtung in Oschersleben. Insgesamt sind in diesem Jahr zwei Veranstaltungen geplant. Das ist in der Vergangenheit durch Eigeninitiative entstanden, jetzt eben mit dem Motorsport Team Germany. Ich bin froh über die Zusammenarbeit. Verschiedene Fahrer, die wir gesichtet haben, sind jetzt in unterschiedlichen Rennserien unterwegs, hauptsächlich im Northern Talent Cup. Dort sollen sie sich entwickeln und Erfahrungen sammeln. Zeitlich liegen wir gut im Rennen. Durch die Anhebung der Altersgrenze in der WM können sich die Talente in Ruhe entwickeln.